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Zupacken für  die Zukunft
Stadtleben

Zupacken für die Zukunft

Bayreuths Oberbürgermeister Thomas Ebersberger im Interview

Thomas Ebersberger (CSU) ist der achte Oberbürgermeister der Stadt Bayreuth seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Der 63-jährige Jurist, ein waschechter Bayreuther, hatte sich am 29. März in der Stichwahl gegen seine Amtsvorgängerin Brigitte Merk-Erbe (Bayreuther Gemeinschaft) durchgesetzt. Am 1. Mai trat er dann, mitten in der Corona-Krise, sein Amt an. Das Bayreuth Magazin sprach mit Ebersberger über seine engagierten Pläne für Bayreuth.


Mit welchem Plan sind Sie ins neue Amt gestartet?
Es geht mir in erster Linie darum, Dinge anzuschieben, neue Akzente zu setzen und den Sanierungsstau abzubauen. Ein zentrales Anliegen war und ist mir dabei, neuen Wohnraum zu schaffen. Bayreuth hat großen Bedarf an bezahlbaren Wohnungen. Und man muss hierfür Investoren finden, die von sich aus Wohnraum schaffen wollen. Bayreuth kann in den kommenden Jahren deutliche Wachstumsimpulse bekommen – und die müssen wir ausnutzen.

Sie sind Chef einer großen Verwaltung mit etwa 1.300 Frauen und Männern. Haben Sie schon viele Gespräche mit Mitarbeitern führen können? Die Mitarbeiter wissen doch häufig am besten, was in einem Betrieb gut und was schlecht läuft. Und: Ohne Verwaltung steht ein Oberbürgermeister ja recht einsam da, oder?
Ohne seine Mitarbeiter kann ein Oberbürgermeister herzlich wenig ausrichten. Zu den städtischen Mitarbeitern kommen ja auch jene aus anderen Bereichen, für die man Verantwortung trägt. Beim Klinikum sind über 3.000 Personen beschäftigt. Bei der GEWOG und den Stadtwerken noch ein paar Hundert. Mein Ziel ist es, mit möglichst vielen Menschen Kontakt aufzunehmen, und ich bin dankbar, wenn die Mitarbeiter Verbesserungsvorschläge machen.

Sie sind Jurist. Manche meinen ja, dass es ohne Juristen an der Spitze einer Stadt gar nicht mehr ginge. Andere sagen, dass es sogar etwas Befreiendes habe, wenn ein Nicht-Jurist die letzte Entscheidung hat. Was sagt der Jurist Ebersberger dazu?
Ich denke schon, dass ein juristisches oder betriebswirtschaftliches Studium bei dieser Arbeit sehr, sehr hilfreich ist. Man ist als OB Vorsitzender in zahllosen Gremien und Ausschüssen, in denen es um bisweilen sehr komplexe Sachverhalte geht; da ist ein solcher Hintergrund, am besten noch mit Erfahrung in der Kommunalpolitik, schon sehr wichtig.

Sie hatten einen aufregenden Start: Corona-Krise, ein Sommer ohne Festspiele, viele Fragezeichen für die Zukunft, weil das Land und auch die Stadt wohl noch sehr lange an den Folgen der Pandemie zu knabbern haben werden. Wird Ihnen da auch schon mal schwindelig, auf was Sie sich da eingelassen haben?
Nein! Ich gehe davon aus, dass wir schnell wieder zur Tagesordnung übergehen können, wenn ein Medikament, das die schlimmsten Folgen von Corona lindern kann, oder aber ein Impfstoff auf dem Markt ist. Nur: Solange dieser Schutz nicht da ist, zündeln wir im Stroh. In Bayreuth profitieren wir davon, dass der Verlauf hier, verglichen mit anderen Regionen, bislang nicht sehr dramatisch ist. Aber es gibt natürlich auch hier Sparten, für die die Pandemie eine Katastrophe darstellt – man denke nur an die Gastronomie, Schausteller, Veranstalter etc.

Ein Sommer ohne Festspiele – das hatten Sie sich sicherlich ganz anders vorgestellt …
Allerdings! Für mich persönlich ist das alles sehr traurig. Ich bin den Festspielen seit meiner Kindheit eng verbunden. Da hätte ich mich natürlich sehr gefreut, sie als OB erleben zu dürfen.

Es soll ja auch ein Alternativ-Programm geben …
Ja, wobei das natürlich nicht vergleichbar sein wird mit „normalen“ Festspielen. Ein großes Konzert, das ja im Gespräch war, mit wenigen Besuchern, großen Abständen und einem im Kern doch älteren Publikum wäre einfach zu riskant gewesen. Obendrein hätte sich dann ja auch die Frage gestellt, wer die wenigen Karten bekommt. Jetzt gibt es viele kleinere Veranstaltungen – da ist bestimmt für jeden etwas dabei.

Wie sieht denn ein normaler Arbeitstag bei Ihnen aus? Sie sind ja nicht „nur“ OB, sondern haben auch diverse andere Aufgaben am Hals: Aufsichts- und Verwaltungsräte, Verbandsversammlungen, Festspiele GmbH, Städtetag etc.
Ich bin meist kurz vor 8 Uhr im Rathaus und gehe meist gegen 19 Uhr nach Hause – sofern keine Abendtermine anstehen. Da wird es einem nie langweilig. Mittagessen fällt meistens aus.

Wo wird man Sie denn in Zukunft am häufigsten sehen: in der Altstadt, bei den Tigers oder bei medi bayreuth?
Ich will versuchen, mir möglichst viele Sportarten anzuschauen. Ich mag vor allem Mannschaftssport. Und wenn Bayreuth gute Teams stellt, dann erst recht. Aber auch Einzelsportler sind wichtig für die Stadt. Man denke nur daran, wie etwa Anne Haug Bayreuth in der Welt bekannt gemacht hat – sensationell!

Herr Ebersberger, Sie sind doch als OB sehr stark abhängig davon, ob der Stadtrat Ihre Linie und die der Verwaltung unterstützt. Sie brauchen vor allem eines: Mehrheiten. Und die kriegen Sie im Stadtrat nicht alleine über Ihre Partei, die CSU nämlich. Wie wollen Sie sich diese Mehrheiten beschaffen?
Ich habe überall Gespräche angeboten, viele bereits geführt. Und ich habe den Eindruck, dass sich die Stimmung in Bayreuth verbessert hat, man offener miteinander umgeht und sich als Team sieht.

Der Stadtrat ist kein Parlament. Weshalb es weder „Regierung“ noch „Opposition“ gibt. Es geht in dem Gremium eigentlich nur um eines: um Bayreuth.
Stimmt. Und das treibt mich schon lange um. Alle im Stadtrat sollten weniger Schwarz-Weiß-Denken pflegen! Es geht da vor allem darum, die Lebensqualität für die Menschen in dieser Stadt zu verbessern.

Kommen wir doch mal zu Ihren Zielen. Was haben Sie sich für Ihre Amtszeit vorgenommen?
Mir geht es darum, die Vorteile Bayreuths zu nutzen und weiter auszubauen. Ich denke, dass das Klinikum mich wohl am meisten beschäftigen wird. Da haben wir einiges zu tun. Das gilt auch für den Umweltschutz, die Sportstadt, die Kulturstadt. Wohnungsbau, Schulsanierungen etc. gehören für mich zum Standardprogramm.

Sie haben ja öffentlich darüber gesprochen, dass Sie einen Klinikneubau einer langen und teuren Sanierung unverändert vorziehen. Warum eigentlich?
Zunächst: Natürlich verbessert eine Sanierung den Zustand des Hauses gegenüber der derzeitigen Situation. Aber wir werden dann, wenn wir auf eine Sanierungslösung im Bestand setzen, in Sachen Hygiene und Wirtschaftlichkeit nicht das Optimale herausholen können. Ich verhehle auch nicht, dass es schwer werden dürfte, jetzt noch einen Klinik-Neubau durchzusetzen. Auf der anderen Seite haben wir für die Sanierungslösung bislang nur den ersten Bauabschnitt in trockenen Tüchern. Und da reden wir über einen Betrag von rund 30 Millionen Euro. Dabei muss man sich immer wieder vor Augen halten, dass wir für die gesamte Klinikum-Sanierung von einem Zeitraum von über zehn Jahren sprechen. Und es stehen dafür Kosten in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro im Raum. Wenn ich andererseits sehe, dass in anderen Städten Kliniken für ca. 300 Millionen Euro in ein paar Jahren neu gebaut wurden, muss ich einfach feststellen, dass das wirtschaftlicher wäre als eine Sanierung. Man hätte dann keine Belastungen für die Patienten, keinen Baulärm und -dreck und am Ende eine vernünftige Hygienesituation: ein Klinikum, das wirtschaftlich und auf höchstem medizinischen Stand betrieben werden kann. Das Klinikum in seiner jetzigen Form mit unendlich langen Wegen ist eine Zumutung für Personal und Patienten. Bei einer Sanierungslösung werden die Wege teilweise sogar noch länger. Fakt ist aber auch, dass wir einen solchen Neubau nicht alleine stemmen können. Wir brauchen also eine besondere, übergreifende und intelligente Lösung mit Modellcharakter in puncto Hygiene und Umweltstandards. Wenn wir uns dagegen für eine Sanierung entscheiden, kriegen wir nur etwa 60 Prozent des Hauses auf einen neueren Stand, während wir die restlichen 40 Prozent vorerst gar nicht anpacken.

Es steht ja schon heute fest, dass Sie aufgrund Ihres Alters 2026 nicht noch einmal antreten können zur OB-Wahl. Damit haben wir nach Rollwagen, Wild und Mronz nun zum dritten Mal Oberbürgermeister/-innen, die nur eine Amtszeit lang die Geschicke der Stadt lenken. Macht Sie dieses Bewusstsein womöglich sogar freier in Ihrem Tun? Weil Sie wissen, dass auch unbequeme Entscheidungen Ihnen karrieretechnisch nicht schaden können?
Das hat Vor- und Nachteile. Weil ich das, was ich umsetzen will, schnell anpacken muss. Auf der anderen Seite kann ich mich leichter über Gegenwind bei wichtigen Vorhaben hinwegsetzen.

Wenn Sie drei Wünsche frei hätten als OB, welche wären das?
Dass Bayreuth familienfreundliche Stadt wird. Ich möchte das Richtfest des neuen Klinikums als OB erleben. Und ich würde mir wünschen, dass Bayreuth wieder zu der großen Sportstadt wird, die sie früher einmal war.


Zur Person
Thomas Ebersberger ist gebürtiger und bekennender Bayreuther. Er besuchte die Graserschule und das Graf-Münster-Gymnasium, bevor er Jura an der Uni Bayreuth studierte. 1984 kandidierte er für die Liste „JU-GEND84“ und kam so in den Stadtrat. Er schloss sich dann, weil er damals bereits CSU-Mitglied war, der CSU-Stadtratsfraktion an. 1996 kürte die CSU-Fraktion den selbstständigen Juristen zu ihrem Vorsitzenden. Von 2002 bis 2020 war er 2. Bürgermeister. Bei den OB-Wahlen 2020 setzte er sich in der Stichwahl gegen seine Amtsvorgängerin Brigitte Merk-Erbe durch. Er ist verheiratet und hat drei Söhne.


Von Gert-Dieter Meier

Fotos: Lena Remmert (GMK)