Bayreuth Magazin - Image-Magazin der Stadt Bayreuth
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Zeitkapsel des Mittelalters
Stadtgestaltung

Zeitkapsel des Mittelalters

Geschichte und Zukunft der Bayreuther Stadtmauer

Bayreuth kann eine lange und abwechslungsreiche Geschichte vorweisen, die, sofern man ihre Spuren zu lesen und zu deuten weiß, an vielen Stellen der Stadt bis heute aufblitzt. So ist es auch möglich, unter dem barocken Glanz, der die Besucher noch immer in seinen Bann zu ziehen vermag, manches mittelalterliche Relikt zu entdecken und sich auf eine spannende Spuren­suche zu begeben.

Kern Bayreuths war einst der Markt, der sich aus der Vogelperspektive in Form des Maxplatzes im modernen Stadtbild nachweisen lässt. Vermutlich hat er sich aus einer Handelsstraße entwickelt, zu deren beiden Seiten sich im 12. Jahrhundert erste Siedler niedergelassen hatten, um eine „villa“, ein Dorf, zu etablieren, das 1199 erstmals Erwähnung fand. Nachdem bereits 1231 von der „civitas“, also der städtischen Bürgerschaft, die Rede ist, kann davon ausgegangen werden, dass Bayreuth vorher die begehrten Stadtprivilegien verliehen worden waren. Wenngleich oftmals vom „Stadtrecht“ die Rede ist, handelte es sich dabei eher um ein ganzes Bündel aus Erlaubnissen und Genehmigungen, die erst in ihrer Komplettheit den „urbanen Status“ sicherstellten. Im Zentrum stand dabei das „Marktrecht“, das insbesondere im Hoch- und Spätmittelalter von immer größerer Bedeutung wurde: Durch klimatische Veränderungen war die selbstversorgende Landwirtschaft in die Krise geraten und hatte die Menschen dazu gezwungen, sich dem produzierenden Gewerbe zuzuwenden, dessen Erzeugnisse jedoch „gehandelt“ werden mussten, um sich vom Gewinn das Begehrte kaufen zu können. Dieser Umschwung hatte tiefgreifende Folgen und führte zur Schwächung des auf Grundbesitz und agrarischer Nutzung fußenden Kleinadels in Franken und zugleich zum Aufstieg der späteren Markgrafen aus der Familie der Hohenzollern.

Neben dem Marktrecht gehörten auch die Gerichtsbarkeit, die autonome Verwaltung und die Befestigung zu den Stadtprivilegien. Das Umbauen der Siedlung mit einer Mauer war also nicht allein dem militärischen Nutzen geschuldet, sondern hatte darüber hinaus symbolischen Charakter: Die Stadtmauer drückte die Stellung der Stadt aus und verdeutlichte den Status der in ihr lebenden „Bürger“. Dieser Ausdruck leitet sich übrigens von burga ab, dem Schutz, den die Mauern den Menschen boten. In Bayreuth lässt sich eine solche Struktur spätestens ab 1265 belegen, als vom „oppidum“, also der befestigten Stadt, die Rede ist. Die Mauer zog sich anfangs entlang des Marktes und wurde in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts rund um die neu erbaute Stadtkirche (geweiht am 9. November 1194) erweitert. Einlass gewährten zwei große Tore. Das „Obere Tor“, das sich in der Nähe des heutigen Sternplatzes befand, bestand aus zwei Anlagen, zwischen denen sich sogar Räumlichkeiten für Krämer befanden. Neben Palisaden konnte es auch Fallgitter vorweisen, die bei Angriffen schnell herabgelassen wurden. Am anderen Ende des Marktes stand das „Untere Tor“, das mit einer „Schlagbrücke“ (also einer hochzuziehenden Vorrichtung) aufwarten konnte. Neben diesen offiziellen Zugängen zur Stadt existierten, wie andernorts auch, mehrere Schlupfe, die beispielsweise nach dem Torschluss gegen Bezahlung einer gewissen Gebühr den Zugang zur nächtlich gesicherten Stadt ermöglichten. Auch der Tappert, ein durch das Obere Tor entlang des Markts geleiteter Nebenarm des Mains, verließ die Stadt durch einen eigenen Ausgang, das sogenannte „Mühltürlein“.

Bayreuths Wachstum

Anfang des 14. Jahrhunderts baute man die Stadtmauer erstmals aus: Bayreuth war zwischenzeitlich stark gewachsen und die ursprünglich außerhalb der Befestigung angelegten Viertel drängten ebenfalls nach dem Schutz der Bastion, die man darüber hinaus um einen Graben ergänzte, wovon der bis heute erhaltene Straßenname „Am Graben“ zeugt. Nachdem die Stadt durch die Hussiten stark in Mitleidenschaft gezogen und der Wiederaufbau abgeschlossen worden war, verstärkte man 1448 und 1457 auch die Befestigung. Sie wies mittlerweile mehrere Türme (zur besseren Verteidigung und zur Lagerung von Waffen) und einen Wehrgang auf, der aus Holzbrettern bestand, die man auf die hie und da bis heute sichtbaren Kragsteine aufgelegt hatte.

Die meisten Spuren dieser mittelalterlichen Handelsstadt fielen den verheerenden Bränden Anfang des 17. Jahrhunderts und den Wirren des Dreißigjährigen Krieges zum Opfer. Beim Wiederaufbau folgte man zwar großteils den historischen Straßenstrukturen, wodurch sie teils bis heute erhalten blieben, doch nutzte man zugleich den neu erworbenen Residenzstatus, um einen gewissen Prunk einziehen zu lassen. 1660 wurde im Zuge dessen auch die Befestigung ein letztes Mal saniert und verstärkt, ehe ihre Bedeutung im 18. Jahrhundert langsam immer weiter zurückging.

Rückbau der Befestigung

In Anbetracht der immensen Stellung Bayreuths als Zollernresidenz und bedingt durch das starke Wachstum wurde die mittelalterliche Struktur langsam zum Hindernis. Noch dazu kam, dass sie gegen die modernen Feuer- und Schusswaffen ohnehin nurmehr wenig Schutz bot und damit ihr Daseinszweck nicht mehr existierte. 1723 ließ Markgraf Georg Wilhelm daher den Graben vor der nördlichen Mauer auffüllen und gab ihn zur Anlage von Gärten durch die Bürger Bayreuths frei. Um 1745 dürfte man die Anlage schließlich komplett aufgegeben und an die Anrainer verkauft haben, die sie in ihre Neubauten einbezogen. Das führte dazu, dass große Teile der wuchtigen Konstruktion bis heute überdauert haben, wenngleich sie inzwischen unter anderen Gebäuden versteckt sind. Besonders gut sichtbar wird das in der „von-­Römer-Straße“, der mittelalterlichen Judengasse, aber auch bei der einzigen erhaltenen Wehranlage, dem „Schwefelturm“ in der Dammallee. Insgesamt trotzten so gut zwei Drittel der einstigen Struktur dem steten Wandel und finden sich bis heute mitten zwischen barockem Prunk und moderner Einkaufsstadt wieder.

Durch die Sanierung der Stadtmauer, deren Kosten sich auf 2 Millionen Euro belaufen, wird der Fortbestand der jahrhundertealten Struktur auch für die Zukunft sichergestellt. 1,1 Millionen Euro erhält Bayreuth dazu aus den Mitteln der Städtebauförderung, 4.400 Euro bezuschusst die Oberfrankenstiftung.

AR