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Sind Maschinen wirklich besser als Menschen?
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Sind Maschinen wirklich besser als Menschen?

Die KI-Experten Prof. Dr. Niklas Kühl und Prof. Dr. Christian Rückert von der Universität Bayreuth sagen: Ja, aber …

Fluch oder Segen, Jahrhundertchance oder Gefahr für die Menschheit? Beim Thema künstliche Intelligenz (KI) gehen die Meinungen weit auseinander. Das Bayreuth Magazin hat zu diesem Reizthema zwei Wissenschaftler der Universität Bayreuth an einen Tisch geholt, die sich gemeinsam, aber aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit der Herausforderung KI beschäftigen: Prof. Dr. Niklas Kühl (36), Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik und humanzentrische Künstliche Intelligenz, und Prof. Dr. Christian Rückert (38), Inhaber des Lehrstuhls Strafrecht, Strafprozessrecht und IT-Strafrecht (Strafrecht II).

Kühl, der Wirtschaftsinformatiker mit reicher KI-Erfahrung auch in der Industrie – er war u. a. als Managing Consultant Data Science bei IBM tätig –, forscht an der Schnittstelle von maschinellem Lernen und dessen Anwendung in innovativen Kontexten in Industrie und Gesellschaft. Was ihn an dem Thema interessiert? „Ich interessiere mich dafür, wie man KI so baut, dass sie dem Menschen, der sie nutzt, einen Mehrwert bringt. Und dass sie dabei transparent ist und Entscheidungen trifft, die nicht diskriminierend sind. Zusammengefasst: Es geht also bei einer humanzentrischen Perspektive immer darum, dass man den Menschen im Vordergrund sieht, wenn man KI-Systeme baut.“ Seine These: „Je spezifischer die Aufgaben sind, die KI übernehmen soll, desto besser ist KI aktuell.“ Kühl weiter: „Es gibt Arbeiten, die zeigen, dass künstliche Intelligenz inzwischen in der Erkennung von Tumoren auf CT-Scans besser ist als die besten Radiologen. KI übernimmt mehr und mehr Aufgaben, die Menschen vorher typischerweise gemacht haben und die KI teilweise besser erfüllen kann als der Mensch. Das sehe ich als einen der großen Vorteile.“

KI und die Datenflut

Und die Nachteile? „Wir als Forschende beschäftigen uns aber natürlich auch mit den Implikationen, mit den Konsequenzen, mit den Nachteilen. Und auch davon gibt es ganz, ganz viele“, sagt Kühl. KI benötigt Unmengen von Daten, damit sie gut funktioniert. Für das angesprochene Radiologie-Beispiel müsse man „das System mit Millionen, wenn nicht gar Milliarden von Bildern füttern, damit KI wirklich versteht, wie ein Tumor aussieht und wie eben nicht. Das funktioniert beim Menschen deutlich schneller; wir benötigen zum Lernen deutlich weniger Beispiele.“

Auch der Energiebedarf von KI ist ungemein hoch. Kühl: „Ein Mensch isst morgens zum Frühstück ein Butterbrot und trinkt ein Glas Wasser, dann kann er den ganzen Tag über komplexe Aufgaben erledigen. KI braucht dafür, ich sag mal vereinfacht, ein halbes Atomkraftwerk, um eine vergleichbare Rechenkapazität wie das menschliche Gehirn zu haben.

Kühls Zwischenfazit: „Im Moment ist KI noch nicht so intelligent wie ein Mensch. Sie funktioniert in der Regel gut bei Nischenaufgaben. In der Breite aber, also bezüglich Kommunikation, Social Skills, Empathie, Kreativität etc., ist sie noch nicht auf dem Level eines Menschen. KI kann schon sehr viel erreichen, aber es ist nicht das Allheilmittel.“

Sein Gegenüber, Christian Rückert, ist Strafrechtler, Forschungsschwerpunkt seines Lehrstuhls sind die Auswirkungen der künstlichen Intelligenz auf den Bereich Justiz. Er sagt: „Wir schauen uns einerseits an, was es bedeutet, wenn Kriminelle zunehmend KI als Werkzeug für ihre Machenschaften verwenden“ – etwa um Manager durch beinahe perfekte KI-Tricksereien dazu zu bewegen, im guten Glauben die Überweisung von Millionensummen auszulösen, oder auch, um die Enkeltrick-Betrügereien noch „glaubwürdiger“ zu machen, indem KI-gestützte „Originalstimmen“ bei den Lockanrufen verwendet werden. Aber der Jurist verfolgt auch den KI-Einsatz in der Strafverfolgung. Auch da gebe es längst Anwendungen, bei denen „KI besser ist als der Mensch“, wie Rückert sagt – etwa bei der Gesichts- oder der Kennzeichenerkennung. Ein weiteres Einsatzfeld für KI? „Fast alles, was mit großen Datenmengen zu tun hat; wenn es um die Auswertung von großen Mengen von Transaktionsdaten im Steuer- oder Wirtschaftsstrafrecht geht oder um die Auswertung von Bild- oder Videodaten, wofür Menschen vielleicht Hunderte von Jahren brauchen würden, um dieses Material durchzugehen. KI kann ich hingegen so trainieren, dass das in sehr viel kürzerer Zeit funktioniert.“

Den gesamten Beitrag lesen Sie in der Printausgabe ab Seite 120 oder in der Online-Blätterversion HIER.

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