Interview mit Prof. Christian Laforsch von der Universität Bayreuth
Professor Christian Laforsch vom Lehrstuhl für Tierökologie I lehrt seit dem Wintersemester 2012 an der Universität Bayreuth. Seit rund zehn Jahren beschäftigt sich der Wissenschaftler, der zuvor an der LMU München lehrte, mit dem Thema Mikroplastik und seinen Folgen für Natur und Umwelt. Er ist Sprecher des neuen Sonderforschungsbereiches Mikroplastik.
Seit 1. Januar 2019 gibt es an der Uni Bayreuth den Sonderforschungsbereich Mikroplastik. Wie kam es dazu?
Wir haben hier 2013 die erste Publikation zum Thema Mikroplastik veröffentlicht, die ein sehr großes mediales Echo hatte. Es handelte sich um die erste valide Studie zu Mikroplastik in Süßgewässern – damals am Gardasee nachgewiesen. Wir konnten damals zeigen, dass Süßgewässer ähnlich stark kontaminiert sind wie marine Ökosysteme. Danach haben wir eine vergleichende Studie in fünf Bundesländern zu Mikroplastik in Flüssen durchgeführt und an einer großen Zahl weiterer Studien – darunter zum Vorkommen von Mikroplastik in Komposten und Böden – mitgewirkt. In der Folge kam es zu unserem Antrag für den Sonderforschungsbereich.
Wie erklären Sie sich das große Interesse an Ihrer Arbeit?
Plastik ist ein Thema und ein Material, das jeden etwas angeht, mit dem jedermann umgeht, das jeder begreift, zu dem wir alle Bilder im Kopf haben – man denke nur an den Verpackungsmüll.
Und man denkt an diese großen schwimmenden Plastikinseln, die unsere Meere belasten …
… wobei wir dabei festhalten müssen, dass solche riesigen Plastikinseln an der Wasseroberfläche weder mit Satelliten- noch mit Luftbildaufnahmen nachweisbar sind. Richtig aber ist, dass es eine höhere Konzentration von Plastikmüll in den ozeanischen Wirbeln gibt. Die Bilder, die Sie ansprechen, stammen meistens aus Regionen, wo über Flüsse und nach Starkregen große Mengen an Plastik eingetragen wurden. Das findet sich eher in Ufernähe.
Und doch: Es gibt dieses Plastikproblem …
Wie groß die Probleme sind, wollen wir in unserem Sonderforschungsbereich untersuchen. Die Fragen, die uns dabei interessieren, sind: Wie werden die unterschiedlichen Kunststoffsorten, die wir mit dem Wort Plastik und Mikroplastik umschreiben, abgebaut? Als Mikroplastik bezeichnet man alle Kunststofffragmente im Wasser, im Boden und in der Luft, die kleiner als 5 mm sind. Je kleiner die Teile sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Teile Effekte auf Organismen haben. Wir wollen die Prozesse untersuchen, die zum Zerfall des Plastiks führen, warum das Plastik in Luft, Wasser und Boden unterschiedlich transportiert wird und welche Effekte dadurch für die Organismen entstehen. Das ist extrem komplex. Deshalb sind an unserem Forschungsprojekt mehr als 30 Wissenschaftler aus verschiedenen Bereichen und ebenso viele Doktoranden beteiligt – von Biologen und Chemikern über Physiker bis zu Hydrologen. Wir wollen zudem dazu beitragen, dass Kunststoffe künftig weniger oder keine Auswirkungen mehr auf die Umwelt haben.
Bezüglich der schädlichen Effekte von Mikroplastik steckt die Forschung aktuell noch in den Kinderschuhen. Man weiß eigentlich nicht genau, wie viel Plastik sich in der Umwelt befindet. Die Untersuchungen sind sehr aufwendig – die Partikel sind meist kleiner als der Durchmesser eines Haares. Wir brauchen für die Analyse einer einzigen Umweltprobe zwischen zwei und sechs Wochen. Auch über das Vorkommen von Mikroplastik in der Umwelt und dessen Auswirkungen auf Organismen sind viele Fragen offen. Bislang hat man sich vor allem auf die Untersuchung der oralen Einnahme beschränkt, während es zum Einatmen von Plastik noch gar keine Studien gibt. Das fängt jetzt erst an. Was wir ebenfalls herausfinden wollen: Warum Mikroplastik nicht im Verdauungstrakt verbleibt, sondern Zellen oder Gewebe es aufnehmen. Wir wissen, dass das so ist, aber noch nicht, warum.
Wo stehen Sie denn aktuell mit dem Projekt?
Wir sind im Januar gestartet und befinden uns in der Anlaufphase. Unser abgestimmter Forschungsplan umfasst 396 Seiten. Intern arbeiten wir seit mehr als drei Jahren an den Vorbereitungen für das Großprojekt.
Gert-Dieter Meier
Info
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft stellt für die Arbeit des Sonderforschungsbereiches 1357 Mikroplastik in den kommenden vier Jahren rund 10 Millionen Euro zur Verfügung. Mehr als 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus drei Bereichen der Universität Bayreuth (Ökologie und Umweltwissenschaften, Polymer- und Kolloidforschung, Molekulare Biowissenschaften) arbeiten in 16 interdisziplinären Teams gemeinsam an Lösungen für dieses Umweltproblem.
Foto: © Universität Bayreuth