Stadt und Universität begleiten Jubiläum mit vielfältigem Programm
Mit einem breit gefächerten Angebot beteiligen sich Stadt Bayreuth und die Universität Bayreuth gemeinsam mit der Israelitischen Kultusgemeinde an den bundesweiten Feierlichkeiten zu „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. Neben Konzerten, Lesungen, Vorträgen, Puppentheater, Filmvorführungen, Ausstellungen und Führungen rund um das jüdische Leben in Deutschland und Bayreuth wird es auch eine App geben, mit der wichtige Orte und Einrichtungen sowie Häuser, in denen Juden in Bayreuth gelebt und gearbeitet haben, erlebbar werden.
Die ersten Menschen jüdischen Glaubens haben sich in Bayreuth Mitte des 13. Jahrhunderts niedergelassen. 1759 überließ Markgraf Friedrich III. seinem Hofbankier und Münzlieferanten Moses Seckel das Komödien- und Redoutenhaus, den Vorläuferbau des benachbarten Markgräflichen Opernhauses. Damit einher ging die Erlaubnis zum Bau einer Synagoge, die am 15. März 1760 eingeweiht wurde. Im Jahr 1837 lebten 530 Juden in Bayreuth, 1933 waren es noch 261, von denen nach den Pogromen im November 1938 nur 80 übrig blieben. Im Zuge der Novemberpogrome wurde die Synagoge verwüstet, aber wegen der Nähe zum Opernhaus nicht in Brand gesteckt. Im August 2013 wurde im Garten der Synagoge die Mikwe, ein rituelles Tauchbad, eingeweiht. Anschließend wurde die Synagoge umgebaut und im Frühjahr 2018 wiedereröffnet. Heute zählt die jüdische Gemeinde Bayreuth rund 500 Mitglieder und die Synagoge in der Münzgasse ist die älteste noch betriebene in Deutschland.
Infos zum jüdischen Leben in Bayreuth
Ein Faltblatt der Stadt zum Thema Jüdisches Leben informiert über Veranstaltungen und spezielle Stadtführungen bayreuth.de; weitere Veranstaltungen, Mitschnitte von Veranstaltungen und Inhalte der App gibt es auch auf juedisches-leben.uni-bayreuth.de
THOMAS EBERSBERGER, OBERBÜRGERMEISTER DER STADT BAYREUTH
„Seit über 700 Jahren leben jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger in unserer Stadt. Drei jüdische Gemeinden existierten zu verschiedenen Zeiten in der Stadt: die erste vom 13. bis 15. Jahrhundert, die zweite von 1759 bis 1942 und die dritte von 1945 bis heute. Nach all den Schrecken des Holocausts und der systematischen Vernichtung jüdischen Lebens während der NS-Terrorherrschaft auch in unserer Stadt darf sich Bayreuth heute glücklich schätzen, eine lebendige jüdische Gemeinde mit Synagoge und einem im Entstehen begriffenen Gemeindezentrum zu haben. Viele jüdische Persönlichkeiten haben die Geschichte unserer Stadt mitgeprägt, haben in großem Maße zum Wohl Bayreuths beigetragen. Stadt und Universität begehen dieses Gedenkjahr in enger Zusammenarbeit mit der Israelitischen Kultusgemeinde und mit einem in die Zukunft gerichteten Blick. Erinnern und Leben ist – richtig verstanden – keine leichte, aber eine herausfordernde Aufgabe, der wir uns mit Überzeugung stellen.“
ANGELA DANNER, UNIVERSITÄT BAYREUTH, STABSABTEILUNG PRESSE, MARKETING UND KOMMUNIKATION
„Wir wollen neugierig machen für alle Themenaspekte rund um das jüdische Leben. Alle Interessierten sind eingeladen, ihr Wissen zu erweitern und in manchen Fällen vielleicht auch zu überprüfen … Nicht nur die Geschichte, sondern leider auch die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass viele Vorurteile und Stereotypen kursieren, die jeder Grundlage entbehren, aber über Generationen hinweg eine selbstverstärkende Wirkung entfalten, die in Abneigung, Angst und Ausgrenzung, im schlimmsten Fall auch in systematischer Ausrottung gipfeln. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bereiten ihr Wissen verständlich auf und entlarven dabei manche ‚Schwarm-Dummheit‘ und persönliche Ressentiments. Sie geben dem Erinnern anhand von Personenporträts buchstäblich ein ‚Gesicht‘ und rufen die Leistungen jüdischer Persönlichkeiten gerade dort ins Gedächtnis, wo ihnen zu Lebzeiten eine gebührende Anerkennung in Deutschland mitunter verwehrt blieb.“
ADRIAN ROSSNER, HISTORIKER
Er ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bayreuth tätig und hat gemeinsam mit Studierenden eine App konzipiert, die jüdisches Leben neu erlebbar machen soll. „Unser Ziel ist es, die Geschichte der Juden in Bayreuth neu zu erzählen – gerade auch die Geschichte der ‚kleinen Leute‘“, sagt Roßner. Dafür setzt das App-Team auf hochmoderne Technik, die aber einfach zu bedienen ist. Geplant ist ein virtueller Rundgang durch die Synagoge und die Mikwe, ein Drohnenfilm über den (ansonsten nicht öffentlich zugänglichen) jüdischen Friedhof. Und die Geschichte der Menschen soll in kleinen Hörspielen aufleben – Menschen, die in Bayreuth gewirkt haben, die in Bayreuth beliebt waren und die in Bayreuth verfolgt wurden. Die App, die in Kooperation mit dem Kompetenzzentrum für digitales Lehren und Lernen und dem BayernLab Wunsiedel entsteht, ist kostenlos. Weil man die Inhalte auch via Handy beziehen kann, eignet sich die App auch für Besucher, die sich über die jüdische Geschichte Bayreuths bei einem Rundgang informieren lassen wollen. Die App soll noch in diesem Jahr verfügbar sein.
GDM