Wenn die nächstjüngere Generation in einem Familienunternehmen Verantwortung übernimmt, ist schon vieles gut gelaufen. Oft haben die Nachkommen andere berufliche Ziele oder Gründe, nicht in die Fußstapfen der Eltern zu treten. Wenn Nachwuchs aus der eigenen Familie übernimmt, kann das für alle Seiten ein großes Geschenk sein. In einigen Unternehmen mit bekannten Namen in Bayreuth ist in jüngerer Zeit die nächste Generation in die Geschäftsleitung aufgerückt. Was sie alle eint: die Leidenschaft für das, was sie produzieren, und der Respekt für die Leistung ihrer Vorfahren.
Virtuoser Wechsel bei Steingraeber
In der Klaviermanufaktur Steingraeber Bayreuth dirigiert seit Juli 2023 die siebte Generation die Geschicke des Unternehmens. Fanny und ihr Bruder Alban Steingraeber sind mit dem und im Unternehmen im Herzen der Stadt aufgewachsen. Auf das Know-how ihrer Eltern Cordelia und Udo Schmidt-Steingraeber wollen und müssen sie aber noch nicht verzichten. „Unsere Mutter ist Prokuristin, unser Vater ist Betriebsleiter der Manufaktur und berät uns in allen Bereichen. Er hat ja auch 40 Jahre Erfahrung damit“, betont Fanny Steingraeber.
Die 26-Jährige und ihr fast drei Jahre älterer Bruder Alban sind selbst schon lange ein eingespieltes Duo. Die ersten Klavier-Messen außerhalb Europas haben sie bereits als Jugendliche gemeinsam bestritten. Heute teilen sie sich offenbar ohne Missklänge die Geschäftsleitung. „Wir machen beide alles“, sagt Fanny Steingraeber, „mit Schwerpunkten: Alban macht zum Beispiel Materialbestellungen für die Manufaktur, ich liebe alles, was mit Kommunikation zu tun hat.“ Eigentlich habe sie zehn Jobs in einem, lächelt die studierte Politikwissenschaftlerin. Die Aufgabenspanne zwischen Werkstatt, Vertrieb, Personal, Messen und Veranstaltungen mache ihr „wahnsinnig viel Spaß“.
Die Klaviermanufaktur Steingraeber (den Zusatz „& Söhne“ hat die Geschäftsführerin entfernt und durch „Bayreuth“ ersetzt) ist bei Pianisten in der ganzen Welt bekannt. Jedes Jahr werden im Backsteinbau hinter dem Haupthaus zwischen 100 und 120 Klaviere und Flügel hergestellt und in 90 Länder weltweit verschickt. Das internationale Netzwerk von Händlern sei fast wie eine Familie, schwärmt Fanny Steingraeber: „Manche kennen mich schon seit Babytagen.“
Innovationen prägten schon immer den Geist in der Werkstatt und treiben auch die neue Geschäftsleitung und ihre Klavierbauer um. „Wir hören den Pianisten genau zu, wenn sie Wünsche äußern“, erläutert Fanny Steingraeber. So kam es auch zur aktuellen Produktreihe „The respectful pianos“: „Dazu gehören zum Beispiel Instrumente mit einer Klaviatur für schmale Hände. Darauf hatte eine ganze Community schon lange gewartet.“
Die Klaviermanufaktur Steingraeber ist wie ein kleines Orchester – jeder erledigt seine Aufgabe mit Finesse und Herzblut: Ein virtuoses „Tutti“ soll es auch unter der Leitung der siebten Generation bleiben.
Mit Alban (links) und Fanny (3. v. l.) steht nach ihren Eltern Cordelia und Udo Schmidt Steingraeber die siebte Generation am Dirigentenpult im Hause Steingraeber
Starten im Januar 2024 sowie im Juli 2025 in dritter Generation in der medi Geschäftsführung, von links nach rechts: Marcus Weihermüller, Miriam Weihermüller, Philipp Schatz
Auch die dritte Generation hat den „medi-Spirit“
Beim Bayreuther Hersteller von Medizin-, Sport- und Fashion-Produkten, dem Familienunternehmen medi, hat im Januar 2024 die dritte Generation das Ruder übernommen. Während sich Stefan Weihermüller aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hat, sind Marcus Weihermüller und Philipp Schatz in die Unternehmensleitung nachgerückt. Nach einer familienbedingten Pause wird sich zum 1. Juli 2025 auch Miriam Weihermüller einreihen – sie hat bisher als Geschäftsleiterin der Lifestyle-Sparte die Marken CEP und ITEM m6 verantwortet. Dirk Treiber und Gerhard Kolb verantworten nach wie vor eigene Ressorts an der Spitze des Unternehmens.
Es sei eine „Ehre und wichtige Verantwortung“, sagt Marcus Weihermüller über seinen neuen Posten. Er hatte zuvor die Unit Prozessorganisation und Projektmanagement geleitet. „Für uns ist der Schlüssel zum Erfolg, auf Bewährtes aufzubauen und dabei neue Impulse zu setzen.“ Auch Philipp Schatz, zuvor Geschäftsleiter der Medical-Sparte, sieht die neue Aufgabe als Verknüpfung von Kontinuität und Modernisierung: „Wir orientieren uns noch stärker an den Bedürfnissen unserer Kundinnen und Kunden in unterschiedlichen Ländern.“
Für Stefan Weihermüller, der medi unter anderem als Berater verbunden bleibt, ist die Nachfolge aus der Familie keine Selbstverständlichkeit: „Dass jetzt die dritte Generation übernimmt, macht mich stolz.“ Der Sohn einer der beiden Unternehmensgründer ist überzeugt von der Stärke des Quintetts aus Nachwuchsgeneration mit „frischem Blick“ und den beiden bewährten Geschäftsführern.
Am Standort Bayreuth arbeiten rund 1.800 Menschen für medi, weltweit sind es etwa 3.000. Produkte mit dem Label medi wie Orthesen, Kompressionsstrümpfe oder Bandagen, um nur einige zu nennen, werden in 90 Länder geliefert. Basis des Erfolgs sei der „medi-Spirit“, der überall spürbar sei, sind sich ehemalige und neue Geschäftsleitung einig: die Freude an der Herausforderung und der Wille, mit Produkten und Konzepten auf Hightech-Niveau Maßstäbe zu setzen.
Den Grundstein für das Familienunternehmen hat Wolfgang Weihermüller gelegt, als er im Jahr 1951 aus der damaligen DDR flüchtete, mit fast nichts als den Bauteilen einer Strickmaschine im Rucksack. In Bayreuth baute er sie zusammen und gründete gemeinsam mit seinem Cousin Günter Voigtmann ein Unternehmen – der Rest ist (Erfolgs-)Geschichte.
Ob in Sudpfanne oder Phoenix: „Wir bleiben ein Familienbetrieb“
Im Juni 2024 ist es bereits ein dreiviertel Jahr, dass die Gastronomenfamilie Schmitt in der Steingraeberpassage das „Phoenix“ eröffnet hat. „Stand jetzt bleibt es ein Übergangslokal“, betont Julian Schmitt und fügt hinzu: „Wegen der Sudpfanne ist noch keine finale Entscheidung gefallen.“
Die Sudpfanne, eines der Herzensrestaurants der Bayreuther mit dem ehemals schönsten Biergarten der Stadt, dem Storchenkeller, ist im August 2023 einem verheerenden Brand zum Opfer gefallen. Wenige Monate zuvor hatte Julian Schmitt das Restaurant von seinen Eltern Georg und Stefanie Schmitt überschrieben bekommen. „Meine Frau und ich hatten entschieden, ins zweite Glied zu gehen“, erklärt Vater Georg Schmitt, der die Sudpfanne 35 Jahre lang geführt hatte: „Es war der nächste logische Schritt, ihm die Verantwortung zu übertragen. Trotzdem bleiben wir ein Familienbetrieb und arbeiten nach wie vor jeden Tag gemeinsam, egal ob in der Sudpfanne oder im Phoenix.“
„Wir standen und stehen als Familie zusammen“, bestätigt der 28-jährige Julian Schmitt und betont: „Meine Eltern sind zwar bei mir angestellt, aber Entscheidungen treffen wir immer gemeinsam, sie sind neben mir die wichtigsten Säulen unseres Betriebs.“ Bevor er die Sudpfanne übernommen hatte, arbeitete Julian Schmitt bereits vier Jahre lang in der Küche in Oberkonnersreuth mit. Seinen Beruf erlernt hat der Koch in einer sehr renommierten Gaststätte im Schwarzwald. Ein Anlass, die Sudpfanne im Mai 2023 an den Sohn zu übergeben, war für seine Eltern die Hochzeit Julians: „Eine der letzten, die in der Sudpfanne stattgefunden haben“, blickt der Chef ein wenig wehmütig zurück. Gleichzeitig weiß er den Erfolg des „Phoenix“ im Herzen der Stadt, wo er und sein Team in ihrer „Ersatzspielstätte“ gehobene Küche anbieten, sehr zu schätzen.
Auf der Karte finden die Gäste viel Fisch, raffinierte vegetarische Gerichte und häufig Wildgerichte aus eigener Jagd – was dem Hobby von Vater Georg zu verdanken ist. „Wir haben Stammgäste mitgenommen und durch die Lage in der Stadt auch spontane Kunden dazugewonnen“, sagt Julian Schmitt. „Wenn wir es schaffen, bekommt jeder auch ohne Reservierung einen Platz, zumindest während der Woche.“
Den Pachtvertrag für das „Phoenix“ hat Julian Schmitt im November 2023 für zwei Jahre unterschrieben. Der weiteren Zukunft blickt er mit einer Gelassenheit entgegen, die wohl in dieser Gastronomenfamilie liegt. Julian Schmitt weiß, dass er die Sudpfanne nicht braucht, um erfolgreich zu sein. Und dass er auf den Zusammenhalt der Familie zählen kann, die im Dezember um ein weiteres Mitglied wachsen wird.
Treffen alle wichtigen Entscheidungen stets zusammen: Julian Schmitt und sein Vater Georg
Zwei Generationen im Einklang: Luis und Ralph Kracker (im gemeinsamen Optik-Fachgeschäft)
Optik Kracker: Neben- statt nacheinander
Als Ralph Kracker sein Optikgeschäft im Jahr 1993 in Bayreuth eröffnete, standen ihm ganze 29 Quadratmeter zur Verfügung. Im Jahr 2024 beträgt die Grundfläche von Optik Kracker in der Maximilianstraße etwa das 13-Fache, nämlich 360 Quadratmeter. Hier arbeiten Vater Ralph und Sohn Luis Seite an Seite und quasi gleichberechtigt, aber vor allem: einträchtig. Beide Männer, die nur 20 Jahre trennen, legen sehr großen Wert auf Fleiß, Qualität und Erfolg. „Das trifft auf das gesamte Team zu“, betont Ralph Kracker. Von einem Generationenwechsel könne keine Rede sein, betont der 62-jährige Seniorchef. Das würde ja bedeuten, dass er sich zurückziehen würde, wofür es aber überhaupt keinen Grund gebe. „Ich bin ein Arbeitstier“, schmunzelt Ralph Kracker, der sich jedes Mal wundert, wenn ihn Kunden fragen, ob er denn bei ihrem nächsten Besuch noch da sein würde. Gleichzeitig weiß der Seniorchef zu schätzen, dass die Nachfolge, wenn es dann einmal so weit ist, innerhalb der Familie geregelt ist: „Der Wechsel wird ein fließender Übergang sein.“
Luis Kracker hat im Unternehmen seines Vaters den Beruf Augenoptiker erlernt, dann die Meisterschule besucht und später kurze Zeit in Mittelfranken gearbeitet, um „seinen Blick zu erweitern“, wie Vater Ralph sagt. Somit hat der 41-Jährige fast sein gesamtes berufliches Leben bei Optik Kracker verbracht. Beste Voraussetzung, um die hauseigene Karriereleiter Stufe für Stufe zu erklimmen: „Ich habe im Lauf der Jahre immer mehr Aufgaben übernommen“, blickt Luis auf die vergangenen Jahre zurück und betrachtet zufrieden die Gegenwart. Was erst sein Vater allein und schließlich beide gemeinsam erreicht haben, erfülle ihn mit Stolz, meint Luis ohne Arroganz. Es ist spürbar, wie viel Arbeit hinter dem Erfolg steht und wie Vater und Sohn täglich aufs Neue ihr gemeinsames Ziel anvisieren: in Bayreuth langfristig optimalen Service bieten.
Die Zusammenarbeit von Vater und Sohn sei harmonisch, betonen beide. „Wir ergänzen uns“, sagt Ralph Kracker: „Was der eine nicht macht, macht der andere.“ Für den Einkauf beispielsweise ist Luis Kracker zuständig, ebenso für die Darstellung des Unternehmens in den neuen Medien.
Aber ihre jeweiligen Stammkundinnen und -kunden möchten Ralph und Luis Kracker schon selbst bedienen, da geht es schließlich um jahrzehntelange Bindungen. Auch in einer fernen Zukunft: „Solange man mich hier brauchen kann, bin ich für unsere Kunden da“, verspricht Ralph Kracker, selbst wenn er einmal Rentner sei. Kundenwünsche werden bei Optik Kracker erfüllt und sind den eigenen manchmal nicht unähnlich.