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Herausforderung Mobilität
Stadtleben

Herausforderung Mobilität

Rückenwind fürs Radfahren ist auch in Bayreuth angekommen: viele Konzepte, Pläne und Ideen

Es geht ein Ruck durch Deutschland. Immer mehr Menschen lassen den Diesel in der Garage und setzen im Alltag aufs Fahrrad. Zweiradhersteller, Klimaforscher und Umweltaktivisten jubilieren gleichermaßen über den neuen Mega-Trend im Bereich Mobilität. Aber ist der Rückenwind fürs Radfahren auch in Bayreuth angekommen? Das Bayreuth Magazin hat nachgefragt – bei Bayreuths Zweitem Bürgermeister Andreas Zippel (SPD) und dem Leiter des Stadtplanungsamts, Ulrich Meyer zu Helligen.

Rückblende: Am 11. August 2020 hatten die Initiatoren des Radentscheids Oberbürgermeister Thomas Ebersberger 5.312 Unterschriften für eine nachhaltige Verbesserung des Radverkehrs in Bayreuth übergeben. Dem ging eine intensive Diskussion über den Radverkehr voraus, die nicht nur weite Teile der Bevölkerung erreichte, sondern auch ein wichtiges Thema im Kommunalwahlkampf wurde. Andreas Zippel rückblickend: „Dadurch geriet das Thema Radverkehr zunehmend in den Fokus der Parteien, der Bürger und der Verwaltung.“ Zusätzlich spornt die Stadt, Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen in Bayern, die 2019 erworbene Zertifizierung als fahrradfreundliche Kommune und die bis 2026 erforderliche Rezertifizierung an. Die Folge: Zwei neue Stellen wurden geschaffen, verwaltungsintern wurde ein Arbeitskreis Mobilität gegründet, in dem sich Mitarbeiter mehrmals jährlich referatsübergreifend über das Thema Mobilität austauschen. So bekommt das Thema Mobilität tatsächlich Rückenwind. Und Dynamik.

Was kurzfristig geschieht

Umlaufsperren: Nach einer Befahrung der sogenannten „Umlaufsperren“ – auch Drängelgitter genannt – wurde nach den Worten von Ulrich Meyer zu Helligen festgestellt, dass die überwiegende Zahl der etwa 40 Barrieren abgebaut werden kann. Folge: Der Radverkehr wird flüssiger.

Der Fahrrad-Cityring: Dieses Projekt ist bereits im Radverkehrskonzept der Stadt aus dem Jahr 2014 beschrieben: „Der Fahrrad-Cityring macht die fahrradfreundliche Innenstadt Bayreuths nicht nur durchfahrbar, sondern auch sicher umfahrbar. Er verbindet bereits vorhandene attraktive Teilabschnitte miteinander, bietet z. B. für Innenstadt-durchquerende Berufspendler zügige Alternativrouten (zu der Strecke über den Markt, Anm. d. Red.) und verbessert die Erschließung des Rotmain-Centers und des Sportzentrums.“ Zu diesem Langzeitvorhaben findet noch im Juli ein Workshop statt. Eine rasche Sanierung und Verbreiterung des Teilabschnitts zwischen Bahnhofstraße und Schulstraße ist in Vorbereitung.

Kreisverkehr Berliner Platz: Bereits seit Längerem beschlossen ist die Schaffung eines Kreisverkehrs am Berliner Platz. Wie der Fuß- und Radverkehr über die Casselmannstraße und den Berliner Platz zur Gutenbergstraße optimal geführt werden kann, soll noch in diesem Jahr vorgestellt werden.

Winterradrouten: Weil der Radverkehr längst dem Status des reinen sommerlichen Wochenendvergnügens entwachsen ist, muss die Stadt sicherstellen, dass die Radfahrer auch im Winter am Verkehr teilnehmen können. Dazu will das Stadtplanungsamt ein Streckenplanungkonzept vorlegen. Das ermöglicht dem Bauhof, die festgelegten Winterradrouten mit hoher Priorität und gleichgewichtig zu Hauptverkehrsstraßen für Autos verlässlich von Schnee und Eis zu befreien.

Abstellflächen für Fahrräder: Innerhalb von zwei Jahren schafft die Verwaltung 750 zusätzliche Fahrradabstellplätze. Am Bahnhof ist bereits eine überdachte Anlage mit 80 kostenlosen Doppelstock-Parkplätzen für Räder geschaffen worden, 160 Doppelstock-Parker und weitere Einstellmöglichkeiten westlich und östlich des Bahnhofes sollen folgen (Gesamtkosten: rund 660.000 Euro). Auch bei Schulen und in der Innenstadt sind Abstellplätze geplant.

Radpendlerkonzept: Stadt und Landkreis wollen in dem neuen Regionalausschuss das Radverkehrskonzept für Pendlerstrecken im Verflechtungsbereich vorantreiben.

Bismarckstraße / Erlanger Straße: Ein zentrales Projekt zur Verbesserung des Radverkehrs ist eine neue Verkehrsordnung in der Bismarckstraße und der Erlanger Straße. Bei der Neuordnung des Verkehrsraums soll das Radfahren in der Bismarckstraße in beiden Fahrtrichtungen möglichst attraktiv und sicher ermöglicht werden, ohne Einschränkungen für Fußverkehr und ÖPNV. Möglich wäre das, wenn der Kfz-Verkehr künftig mit nur noch einer Spur (statt bisher zwei) auskommt.

Nutzen und Schaden

Wem nutzt, wem schadet eine nachhaltige Mobilitätspolitik? Vor allem Autofahrer befürchten, dass sie immer stärker benachteiligt werden sollen. Andreas Zippel aber stellt klar: „Aufgabe der Stadt ist es, sich um die Belange aller Bürger zu kümmern. Und nachdem wir in einem auch sehr ländlich strukturierten Regierungsbezirk leben, in dem viele Menschen zwangsläufig auf das Auto angewiesen sind, werden wir den Individualverkehr natürlich nicht gänzlich abschaffen. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass wir gemeinsam mit der Bevölkerung die verschiedenen Bedürfnisse neu zu gewichten, Verkehre neu zu bewerten und Verkehrsräume neu zu ordnen haben.

Zukunftsaufgabe Mobilitätskonzept

Der Bayreuther Stadtrat hat 2009 ein „Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept“ (ISEK) beschlossen, das seither die Leitlinien der Stadtentwicklung in zehn Handlungsfeldern vorgibt. Darin heißt es wörtlich: „In Bayreuth soll für alle Menschen der Stadtgesellschaft eine Teilhabe an den städtischen Verkehrsangeboten ermöglicht werden. Die bestehenden Wegenetze vor allem für den Rad- und Fußverkehr sollen attraktiviert, ausgebaut und auf die Zugänglichkeit der Innenstadt ausgerichtet werden.“ Und genau diese gewaltige Zukunftsaufgabe hat die Stadt jetzt vor der Brust. Unter Federführung des Stadtplanungsamtes soll für die Jahre bis 2035 und später ein Mobilitätskonzept entwickelt werden, das basierend auf Zahlen, Fakten und Problemen von heute Antwort auf Mobilitätsfragen von morgen geben soll. Dafür braucht es laut Ulrich Meyer zu Helligen eine gründliche Bestandsanalyse. Zudem sollen in einer Befragung zum Mobilitätsverhalten Veränderungen gegenüber einer Haushaltsbefragung aus 2015 herausgearbeitet werden. Schließlich brauche es eine breite Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, Verbänden und Behörden, die zwei bis drei Jahre dauert und rund 200.000 Euro kosten dürfte. Wenn alle Ideen und Konzepte vorliegen, muss ein Rahmenplan definiert, beschlossen und mit konkreten Handlungskonzepten unterlegt werden. Meyer zu Helligen: „Ein solches Mobilitätskonzept ist eine große Chance für die Zukunft unserer Stadt.“

Der Radl-Boom

  • 5,04 Millionen Fahrräder und E-Bikes wurden 2020 verkauft – ein Plus von 16,9 % gegenüber dem Vorjahr.
  • Dieser Boom bescherte dem Handel einen Umsatz von rund 6,44 Milliarden Euro (+60,9 % gegenüber Vorjahr).
  • Vor allem die Kauflust auf E-Bikes wächst (+43,4 % zu 2019).
  • Der durchschnittliche Verkaufspreis pro Rad (inkl. E-Bikes) lag 2020 bei 1.279 Euro.

(Quelle: Zweirad-Industrie-Verband)