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Bayreuth ohne Festspiele, ein Sommer ohne Wagner?
Kultur

Bayreuth ohne Festspiele, ein Sommer ohne Wagner?

Die Corona-Pandemie trifft auch die Hochkultur ins Mark. 


Festspielleiterin Katharina Wagner spricht im Interview mit dem Bayreuth-Magazin über die Absage der Spielzeit 2020 aufgrund der Corona-Pandemie


Die Corona-Krise trifft auch die Hochkultur ins Mark. Am 31. März haben die Gesellschafter und die Geschäftsführung der ältesten Festspiele der Welt die Bayreuther Festspiele schweren Herzens absagen müssen. Das Bayreuth-Magazin sprach mit Festspielleiterin Katharina Wagner über die Absage.

Frau Wagner, hatten Sie das Szenario „Ein Bayreuther Sommer ohne Festspiele“ jemals schon im Kopf durchgespielt?
Katharina Wagner: Nein, das war immer unvorstellbar. Es wurde zwar im Vorfeld der Festspielhaus-Sanierung schon mal kurz darüber diskutiert, ob es dafür mal eine Zwangspause brauche, aber dieser Gedanke wurde sehr schnell wieder verworfen. Dass es jetzt doch dazu kommt, dass die Festspiele im Sommer pausieren müssen, ist einzig der Corona-Pandemie geschuldet.

Wie schwer war denn die Entscheidung – bei Ihnen und bei den Gesellschaftern, die Spielzeit komplett zu streichen?
Katharina Wagner: Wir haben wirklich alle Szenarien ausführlich diskutiert und aus unterschiedlichen Blickwinkeln heraus betrachtet. Letztlich sind wir zu dieser Entscheidung gekommen.

Nun wird man zum jetzigen Zeitpunkt natürlich noch nicht sagen können, was diese Absage wirtschaftlich für das Unternehmen Bayreuther Festspiele bedeutet – aber was bedeutet das denn künstlerisch?
Katharina Wagner: Natürlich hatten wir alle uns auf die Neuproduktion des „Rings“ gefreut. Wir waren glücklich über die Besetzung, waren gespannt auf den vielversprechenden jungen Dirigenten und das Konzept von unserem Regisseur Valentin Schwarz. Alle warteten mit großer Freude nur noch darauf den `Ring` zum Leben zu erwecken, indem man ihn auf die Bühne bringt. Natürlich bin ich traurig, dass dieses jetzt nicht geschehen kann. Aber: Der „Ring“ ist ja nicht gestrichen, sondern nur verschoben.

Sind denn die Sänger, Dirigenten, Regisseure, Musiker, Techniker und alle anderen Mitwirkenden bereits über die Absage informiert?
Katharina Wagner: Das haben wir vor der Presseveröffentlichung getan, ja.

Und nun liegt wohl erst mal ein riesiger Berg an Arbeit vor Ihnen – Umbuchungen, Vertragsänderungen, organisatorische Neuterminierungen etc. Graut Ihnen davor?
Katharina Wagner: Probenarbeit wäre mir lieber gewesen, in der Tat. Eine Frage, die ich immer wieder höre: Warum kommt der neue „Ring“ jetzt erst 2022 und nicht schon nächstes Jahr? Der „Ring“ war ja im kommenden Jahr als Wiederaufnahme geplant – mit einer demgemäß wesentlich kürzeren Probenzeit als bei einer Neuproduktion. Weil aber viele Künstler nun 2021 schon weitgehend geplant haben, ist die notwendige lange Probenzeit 2021 nicht möglich. Geplant ist daher, im kommenden Jahr den „Ring“ parallel zum Spielbetrieb zu proben, und ihn dann voraussichtlich 2022 im Gesamten herauszubringen, zumal es die Bayreuther Festspiele immer so gehalten haben, den kompletten „Ring“ in einer Spielzeit aufzuführen.

Wie steht es denn nun um die „Neunte“ von Beethoven, die ja nach der Spielzeit 2020 sowohl in Bayreuth, als auch in Bonn gespielt werden sollte.
Katharina Wagner: In Bayreuth wird die „Neunte“ nicht geprobt und auch nicht gespielt werden können, nein. Aber ich bin im Kontakt mit Nike Wagner, ob wir die Aufführung in Bonn aufrechterhalten können.

Letzte Frage: Haben Sie schon eine Idee, was Sie persönlich am 25. Juli 2020 machen werden?
Katharina Wagner: Ich werde sicherlich mal auf die Bühne gehen. Und über das alles nochmal nachdenken. Das wird sicherlich ein trauriger Tag werden.

Die Spielzeit 2021

In der Spielzeit 2021 werden nach Angaben der Bayreuther Festspiele neben der vorgesehenen Neuproduktion „Der fliegende Holländer“ die Wiederaufnahmen „Tannhäuser“, „Die Meistersinger von Nürnberg“, „Lohengrin“ sowie drei konzertante Aufführungen der „Walküre“ auf dem Spielplan stehen. Die Neuproduktion des „Ring des Nibelungen“ soll dann im Jahr 2022 Premiere feiern.

Was ist mit den Tickets?
Grundsätzlich bleiben die bereits für 2020 gekauften Karten für die Festspiele 2021 gültig. Zur Klärung der Modalitäten bezüglich konkreter Termine etc. wird das Kartenbüro in den kommenden Wochen alle Kartenkäufer der Festspiele 2020 kontaktieren.

Hintergrund
Jede Großveranstaltung steht aktuell auf dem Corona-Prüfstand. Zum einen geht es dabei zunächst und vor allem um die Ansteckungsgefahr, wenn, wie im Fußballstadion auf der Freilichtbühne oder im Bayreuther Festspielhaus, Tausende von Menschen aus aller Welt Abend für Abend dicht nebeneinandersitzen. Es geht aber auch um ein gewaltiges finanzielles Risiko. Sollte sich nur ein Orchestermusiker, Chormusiker oder Bühnenarbeiter anstecken, dann stehen alle Räder des Festspiel-Betriebs und aller anderen Veranstaltungen still. Ein solcher Vorfall mit den bekannten weitreichenden Folgen (Quarantäne für alle, Kosten für ausgefallene Vorstellungen und Quarantäne, Ärger mit angereisten Gästen aus aller Welt, Desaster für die ganze Stadt etc.) würde jeden Veranstalter einer Großveranstaltung in den Ruin treiben. Deshalb sagen auch immer mehr Festspiele und Veranstalter ab. Man darf folglich auch gespannt sein, wie es mit dem Bayreuther Bürgerfest oder auch der Wiesn in München weitergehen wird.


Von Gert-Dieter Meier

Fotos:
1. Der „Tannhäuser“ in der Regie von Tobias Kratzer (Foto) steht 2021 wieder auf dem Spielplan. Copyright: Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath